Wir werden oft gefragt, wie "das" mit dem Muskeldraht funktioniert, und es sind leider einige falsche Informationen im Umlauf. Aus diesem Grund zeigen wir auf den folgenden Seiten einige einfache Demonstrationen, wie man schnell Erfolg hat. Einige Dinge, - so wie sie hier darstellen- sind physikalisch nicht 100%-ig korrekt, aber wir betrachten den Draht zunächst nur unter dem rein technischen Aspekt, will heißen: Wir wenden ihn an.
Hinweis:
Wenn Sie den Draht bei uns bestellen, wir er handgewickelt, und ist eventuell bereits etwas gedehnt (Sie erhalten aber immer mindestens 100% der ungedehnten Länge) oder hat andere Verformungen, deshalb sollten Sie das betreffende Drahtstück vor dem ersten Einsatz immer erst "resetten" (also erwärmen (Föhn) oder mit Strom ..) .* * *
Allgemein:
Der Draht, so wie Sie ihn bei uns kaufen können, ist bereits "programmiert" sprich: seine Einprägung ist auf "Länge" eingestellt. Das Prinzip der Muskelfaseranwendung beruht immer darauf, daß der Draht zunächst vorgespannt (max. 5 -10% der Ausgangslänge) und dann per Energiezufuhr wieder an seine ursprüngliche Länge "erinnert" wird. Die Vorspannung macht man meist mit einer Feder oder einem entsprechendem Gewicht. In der Fachliteratur nennt man das auch "BIAS" = Vorspannung.
Nun gibt es 2 Möglichkeiten, den Draht dazu zu bringen, sich an seine ursprüngliche Länge zu erinnern (-In jedem Fall muß extern Energie zugeführt werden):
- Erwärmung auf die Sprungtemperatur (bei unseren Drähten 70° C)
- funktioniert bei kurzen, dünneren Drähten gut, bei längeren oder in bewegter (kalter Luft) technisch kaum machbar, zumindest schwer reproduzierbar.- Energiezufuhr durch Strom:
Dazu legt man eine Spannung an die Enden des Drahtes. Je nach Drahtlänge und Durchmesser sind unterschiedliche Spannungen und Ströme nötig, die man aber recht einfach bestimmen kann.
Es gilt immer P= U x I
Das heißt, je geringer die Spannung ist, desto größer muß der Akivierungsstrom sein. In unseren Experimenten verwenden wir meist 3.7 bis 5 V, so daß man das bequem aus einem einfachen Akku betreiben kann.Bitte - Vorsicht: der Draht wird im Betrieb heiß (idealerweise ca. 75 °) also auf entsprechenden Schutz achten !
Idealerweise beginnt man die ersten Experimente mit einem relativ dicken Draht (NitH-100 oder Nith-150) . Diese Durchmesser sind mechanisch noch gut zu handhaben und (vor Allem kann man sie noch gut sehen). Die dünnen Drähte reißen leichter und man sollte da schon etwas Erfahrung haben.
Nun das erste Anwendungsbeispiel (die Bilder sind unter DEMO-1 zu finden):
Hier soll ein Zeiger mit Muskeldraht bewegt werden. Der Zeiger ist drehbar gelagert (oberste Bohrung) und wird durch eine Zugfeder (unterste Bohrung) gespannt. Beim Zusammenbau muß man darauf achten, daß die Federspannung groß genug ist, um auch wirklich eine Dehnung des Muskeldrahtes zu gewährleisten.
- Also:
- Feder einhängen, Zeiger auslenken und fixieren
- Muskeldraht durch die Bohrung fädeln, oberes Ende befestigen (hier Schraube rechts oben)
- Draht mit Strom "resetten", dann das untere Ende befestigen.
- Jetzt kann die Fixierung des Zeigers gelöst werden, der sich darauf hin (hier) nach rechts bewegen sollte.
- Der Muskeldraht ist nun gedehnt und fertig zum ersten Einsatz.
So, nun legen wir eine entsprechende Spannung an die Enden des Drahtes (Polung egal)
Bereits nach kurzer Zeit beginnt der Muskeldraht sich an seine ursprüngliche Länge zu "erinnern", zieht sich zusammen und der Zeiger bewegt sich . Sobald die Spannung weggenommen wird, kühlt sich der Draht ab und die Feder zieht den Zeiger wieder zurück. Bei gleicher Spannung etc, ist dieser Vorgang immer wieder reproduzierbar.
Bei allen ähnlichen Experimenten wird man folgendes feststellen:
- die erste Kontraktion beginnt zunächst immer langsam, etwas später verläuft die Bewegung (Kontraktion) nahezu linear
Ursache: Der Draht braucht gewisse Zeit um von Raumtemperatur auf die Sprungtemperatur zu kommen, erst im Bereich ab ~ 70,5 ° ist der Verlauf linear. Benötigt man also einen linearen Verlauf muß man den Draht "vorheizen" (also knapp unter der Sprungtemperatur halten)- dünne Drähte kühlen schneller ab und heizen sich auch schneller auf, dafür ist die erreichbare Kraft geringer
- Im Beispiel oben ist der Draht nur doppelt geführt, damit der Aufbau klarer wird, auch die Konstruktion ist einfacher
die Drahtlänge ist doppelt, also auch die "aktive" Länge
- der BIAS muß zur Zugkraft des Drahtes passen, sonst funktioniert es nicht. (Selbst bei den 0.025'er Drähten reicht kein einfacher Gummi)
- In unserem Beispiel ist die Länge des Drahtes rund 10 cm. Zu erwarten wäre ein Widerstand von 5 Ohm, tatsächlich ist er aber 11.2 Ohm.
der Unterschied ist hier bei den zahlreichen Übergangswiderständen zu suchen, die im Datenblatt angegebenen Werte sind "Richtwerte unter idealen Bedingungen" und eher als Empfehlung zu verstehen. Für eigene Anwendungen muß man etwas experimentieren.
- Damit die Effekte reproduzierbar sind, muß man so spielfrei wie möglich arbeiten, besondere Beachtung verdient der minimale Biegeradius (Bendradius):
wird dieser unterschritten, tritt eine Gefügeverschiebung im Drahtinneren auf, die verhindert daß der Draht sich an dieser Stelle kontrahiert. Bereits bei einer kleinen Anzahl von Wiederholungen wird der Draht an dieser Stelle reißen !
- Unbedingt vermeiden muß man eine zu große Erwärmung des Drahtes:
ist die Erwärmung zu groß, verliert der Draht seine Memory Eingenschaft und ist nicht mehr zu verwendbar.
- Das "Antrainieren" einer anderen "Gedächtnis-Eigenschaft" (Form) ist recht komplex und erfordert viele Experimente.
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© Peter Stöhr - MikroModellBau.De, 25.10.2012